Hilfen für Hebammen

In einigen Teilen Sachsens besteht nach wie vor ein Mangel an Hebammenleistungen, d.h., dass einige Schwangere oder Wöchnerinnen nicht ausreichend oder gar nicht betreut werden können. Im Sommer 2019 hat der Sächsische Hebammenverband e.V. sich mit einem Brief an Stadträte und Stadträtinnen, Gemeindevorstehende, Bürgermeister*innen gewandt und auf diese Situation aufmerksam gemacht und Ideen zur Verbesserung der Hebammenbetreuung unterbreitet. Hier haben Sie die Möglichkeit sich genauer darüber zu informieren.

Danke an alle Bürgermeister, Stadträte und Gemeindevorstehende die sich dafür interessieren und denen eine gute Betreuung der jungen Familien in Wohnortnähe wichtig ist.

Sächsischer Hebammenverband e.V.
Lindenweg 23a

02977 Hoyerswerda

Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte und Stadträtinnen, Gemeindevorstehende, Bürgermeister und Bürgermeisterinnen,

wir, der Vorstand des Sächsischen Hebammenverbandes e.V., wenden uns heute mit einem etwas ungewöhnlichen Anliegen an Sie.

Unsere berufspolitische Aufgabe ist es in erster Linie, die Interessen der Hebammen zu vertreten. Direkt an zweiter Stelle steht das Anliegen, alle im Kontext verpflichteten Professionen zu unterstützen, wenn es um die bestmögliche Versorgung der Familien geht. Hier herrscht ein großer Mangel, das ist inzwischen allen bewusst. Dieser Mangel an Hebammenleistungen und die damit verbundene Unterversorgung ist punktuell sehr unterschiedlich.
Der Freistaat Sachsen hat Ende 2017 die Implementierung einer Koordinationsstelle finanziell unterstützt. Diese Stelle arbeitet seither in Dresden und erweitert zusehends ihre Aktivitäten ins Umland. Zudem hat der Stadtrat in Dresden fraktionsübergreifend eine große jährliche Summe (300.000€) für eine sogenannte Geburtshilfeprämie bereitgestellt, um den dort arbeitenden Hebammen finanziell zu helfen und die Attraktivität des Standortes zu erhöhen.

Allerdings betrifft das bisherige Engagement ausschließlich die Stadt Dresden. Auf
die zunehmende Unterversorgung des Umlandes hinzuweisen und dem entgegen zu wirken, dies ist unser Anliegen.

Wir sehen den Beschluss des Dresdener Stadtrates als Vorzeigemodel und hoffen darauf, dass Städte und Gemeinden – und hiermit eben auch Sie – dem guten Ansatz folgen.

Was brauchen wir für die Hebammen?

Wir brauchen unkomplizierte, kurze Dienstwege für unspektakuläre Lösungen. Vielleicht betrifft es Sie gar nicht, weil Sie ausreichend Hebammen in der Region haben?
Oder der Mangel war Ihnen noch gar nicht bekannt, weil es die KollegInnen irgendwie gestemmt haben.
Oder Sie haben den Mangel sehr wohl gespürt, aber keine Idee wie Sie in Ihrem Ort für eine gute Versorgung einstehen können.

Wir freuen uns über jede Art der Unterstützung. Das kann ein finanzieller Anreiz sein, der auch weiter entfernt wohnende Hebammen einlädt, Familien bei Ihnen zu versorgen oder gar in Ihre Region zu ziehen. Vorstellbar ist hier analog der Geburtshilfeprämie Dresden eine kleine Prämie pro betreuter Frau in Ihrem Ort.
Oder Sie haben einen Raum, den Sie kostenfrei zur Verfügung stellen können? Dann ist es vorstellbar, dass Geburtsvorbereitungs-und Rückbildungskurse wohnortnah geben werden und die Versorgung junger Familien bei Ihnen vor Ort wieder sichergestellt ist.
Ein Zuschuss ist denkbar, wenn sich eine Hebamme direkt im Ort niederlassen würde, besonders günstiger Wohnraum oder ein preiswertes Grundstück. Ihr ÖPNV ist Spitze? Dann ist eine Jahreskarte evtl. der richtige Anreiz. Ist er es eher nicht, kann ein kostenfreies Miet-E-Bike die Lösung sein. Ein sicherer Kitaplatz oder eine gute Netzwerkanbindung sind weitere kostbare Dinge.
Möglicherweise können Sie ein Paket schnüren?
Haben wir Ihr Interesse geweckt, dann treten Sie mit Ihrem Gesundheitsamt vor Ort in einen Diskurs. Dieses ist der direkte Ansprechpartner für alle Hebammenbelange und kennt die Sorgen und Nöte der jeweiligen ortsansässigen Hebammen.

Es gibt sicher noch mehr Ideen und Möglichkeiten. Besuchen Sie einfach mal die Internetpräsenz unserer Koordinierungsstelle www.hebammen-sachsen.de. Dort ist eine informelle Rubrik „Bürgermeister sucht Hebamme“ platziert.

Starten Sie einen Versuch und besuchen Sie unsere Homepage www.hebammen-sachsen.de.
Rufen Sie uns an oder kontaktieren Sie uns per Mail.
Wir sind gern bereit mit Ihnen über die vielen verschiedenen Bedarfe und Lösungsansätze zu sprechen und sind sicher, dass Sie in Ihrem Ort mit Ihren Aktionen der Landeshauptstadt in Nichts nachstehen werden.

Bedenken Sie: Familie ist da, wo das Leben beginnt. Und jedes Leben braucht einen guten Anfang. Dieser Maxime verschreibt sich jede Hebamme.

Wir bedanken uns für Ihre Aufmerksamkeit und freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme unter info@saechsischer-hebammenverband.de.

Für den Vorstand des Sächsischen Hebammenverbandes

Stephanie Hahn-Schaffarczyk
1.Vorsitzende SHV

Grit Kretschmar-Zimmer
2.Vorsitzende SHV

Best practice- Beispiele und Hinweise, wie freiberufliche Hebammen unterstützt werden können

Beispiel Hebammenzentrale (eher geeignet für größere Gemeinden und Städte)

Eine Hebammenzentrale ist eine Koordinierungsstelle, die mit Terminsprechstunden für (werdende) Eltern kombiniert werden kann. Neben der Vermittlung von Hebammen können die (werdenden) Eltern sowohl telefonisch beraten werden als auch während der Sprechstunden ambulante Hebammenleistungen erhalten.

Damit eine fachlich versierte Beratung und ambulante Leistungen erbracht werden können, ist es sinnvoll die Hebammenzentrale mit einer Hebamme als Koordinierungsfachkraft zu besetzen. Die Kosten für die Hebammenvermittlung sollte die Gemeinde übernehmen, da diese Arbeit nicht gegenüber der Krankenkasse abgerechnet werden kann. Hier sind Fördermittel denkbar. (Personalkosten Hebamme, Raumkosten, Technik und Betriebsausgaben)

Die Vermittlung der Hebammen könnte durch eine Software unterstützt werden. In der eigens für die Hebammenzentrale angelegten Software kann die koordinierende Hebamme die Leistungen, Kursangebote und freien Kapazitäten der freiberuflichen Kolleginnen einpflegen und ständig auf dem aktuellen Stand halten. Dies ermöglicht es, den (werdenden) Eltern eine passgenaue Versorgung sowie spezifische Angebote, wie z. B. Geburtsvorbereitungskurse, Rückbildungsgymnastik und Babymassage zu vermitteln.

Vor der Installierung einer solchen Zentrale sind zur Akzeptanzsicherung Gespräche mit allen Beteiligten nötig. Gern stehen wir konkreter zur Verfügung, wenn es zur Umsetzung kommt.

Beispiel Koordinierungsstelle

In Dresden wird durch den Freistaat bereits eine Koordinierungsstelle finanziert, diese ist jedoch zunächst bis 2020 angelegt und bedient keine hebammenfachlichen Aufgaben. Hier geht es vor allem um die Vermittlung von Hebammenleistungen, der Nachwuchsgewinnung, Hilfestellung bei Fördermittelabruf usw. Die Stelle zu verstetigen ist ein großes Anliegen.

Punktuelle Hilfe

Hilfreich und möglicherweise unkompliziert lös-bzw. Finanzierbar, auch für kleinere Gemeinden und Städte wären folgende Ideen (kein Anspruch auf Vollständigkeit):

  • kostenlose Parkmöglichkeiten für Hebammen während der Hausbesuche
  • kostenfreie ÖPNV-Nutzung
  • Räume kostenfrei oder günstig
  • günstigere Baugrundstücke
  • Garantie auf KiTaplätze
  • Netzwerkanbindung der neuen KollegInnen
  • kostenfreie Inserate bei Praxiseröffnung
  • Zuschüsse für Wochenbettbetreuungen/ Geburten/…/ in der jeweiligen Gemeinde oder im Umkreis (Beispiel Geburtshilfeprämie Dresden)
  • kostenfreie E-Bikes
  • “Startgeld“ für Hebammen, die sich freiberuflich machen
  • Zuschüsse zur Haftpflichtversicherung; Achtung, hier warnen wir davor, dass kommunale Gelder bei der Beantragung des Sicherstellungszuschlages angegeben werden müssen und damit eine Querfinanzierung der Krankenkasse stattfindet. Da jedoch nicht alle KollegInnen diesen Zuschlag beantragen, kommt diese Idee trotzdem in Betracht.

Best practice- Beispiele und Hinweise, welche Unterstützung Klinikhebammen brauchen

  • Arbeitsteilung mit schwangeren Kolleginnen
  • 24/7 Reinigungskräfte
  • Reinigungskräfte übernehmen hebammenfremde Tätigkeiten (Betten beziehen, Schränke auffüllen, Bestandskontrolle)
  • Haustechnik übernimmt Gerätewartung (BZ- Gerät, Astrup, etc.)
  • Kreißsaalkoordinatorin für große Abteilungen einrichten

Die wichtigste Erkenntnis aus der Befragung der angestellte Hebammen:

Hebammen bleiben aufgrund des Teams und der Teamzugehörigkeit an ihren Arbeitsstellen

  • Stellenanzeigen überarbeiten
  • Unbefristete Arbeitsverträge anbieten
  • Festes Mentoring vereinbaren
  • Einarbeitungsplan entwerfen
  • Klare Verfügbarkeiten aushandeln (Einspringlisten)
  • Auszubildende „auf Händen tragen“ und von vorneherein als festen Teambestandteil integrieren
  • Rotation ermöglichen
  • Hardwareausstattung der Kreißsäle verbessern (Telefonanlagen Klingelanlagen, Computer) für bessere Administration und Dokumentation
  • Stationäre Laptops in jedem Kreißsaal zur Dokumentation
  • Kreißsaalklingel über Telefon schalten, eine Person ist dafür zuständig
  • Online Terminkalender anbieten
  • Telefonnummer für Geburtsanmeldung/Kursanmeldung anbieten
  • Onlineformulare zur Verfügung stellen zum download, evtl.vorab ausfüllen lassen
  • Strukturierte Übergaben mit Übergabebogen, Tagesordnung und Zeitwächterin
  • Klärung der Arbeitsfelder
  • Regelmäßige interdisziplinäre Notfallfortbildungen, anfangs von extern geleitet
  • Fortbildungsmaßnahmen im Haus organisieren
  • Supervision für einzelne und Teams regelmäßig anbieten
  • Moderationszuschlag DHV beantragen, Projektgruppen bilden
  • Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen anbieten und finanzieren, damit die Kolleginnen für eine Zeit ans Haus binden
  • Fachfremde Tätigkeiten auslagern
  • Mentoring von jung zu alt und umgekehrt
  • Mentorin jeder neuen Kollegin fest zuweisen
  • Geburtsleitung zu zweit
  • Sectiotage planen
  • Hebammenzusatzdienste für feste Termine einplanen
  • Problemzentrierte Hebammensprechstunden anbieten
  • Akupunktursprechstunden im Haus anbieten
  • Strukturierte Einarbeitungszeit der Assistenzärzte durch Hebammen vereinbaren
  • Ausbildung von Simulationsinstruktorinnen
  • Online Dienstplanung verfeinern
  • Parallele unterschiedliche Schichtlängen ausprobieren
  • Sabatticals einführen, z.B. 9 Monate voll arbeiten, 3 Monate frei
  • Kinderbetreuung organisieren (24/7) und ambulante Betreuung kranker Kinder organisieren
  • Pausen planen
  • Essen bereitstellen
  • Personalisiertes Geschirr bereitstellen
  • Personal genau nach Arbeitsvorstellungen befragen (Moderationszuschuß)
  • Geburtshilfliche Standarts überarbeiten
  • Interdisziplinär Qualitätsstandarts festlegen und messen
  • Ziele setzen (Hebammenkreißsaal, wieviele aufrechte Geburten, Wassergeburten)
  • Gründung von Projektteams mit klarem Auftrag
  • Fehlerkultur einführen und leben: Nicht wer, sondern was ist schuld?
  • Feststehendes Frei etablieren
  • Gefährdungsanzeigen aktiv unterstützen
  • Teambildende Maßnahmen
  • Teamarbeit leben, keine Spaltung zulassen

(Andrea Ramsell, DHV-Beirätin für den Angestellten Bereich)